Die Zahl der Grenzgänger aus Frankreich, die in der Schweiz arbeiten, hat mit 230’000 einen neuen Höchststand erreicht. Doch nicht alle finden das erhoffte berufliche Glück. In sozialen Medien werben Influencer mit unrealistischen Gehaltsversprechen – für manche endet der Traum von einer besseren Zukunft in Ernüchterung, finanziellen Verlusten oder gar in prekären Wohnverhältnissen.

Verheissungen auf Social Media: Ein fragwürdiges Geschäftsmodell
Plattformen wie TikTok, YouTube und Instagram sind gefüllt mit Videos von Influencern, die vermeintlich lukrative Arbeitsmöglichkeiten in der Schweiz anpreisen. Mit Gehaltsversprechungen, die das französische Einkommen um das Dreifache übersteigen sollen, locken sie Arbeitssuchende ins Nachbarland. Doch nicht selten geraten diese an zweifelhafte Vermittler, die fragwürdige Dienstleistungen verkaufen.
Ein junger Mann aus Avignon berichtet, dass er 2’000 Euro für eine vermeintliche Unterstützung zahlte – darunter eine angeblich „schweizkonforme“ Version seines Lebenslaufs. Das Dokument entpuppte sich als wertlose Standardkopie. „Mir wurde versichert, dass ich nur mit diesem Lebenslauf Chancen auf dem Schweizer Arbeitsmarkt hätte. In Wahrheit gibt es keine derartigen spezifischen Vorgaben“, sagt er ernüchtert.
Verantwortung oder Täuschung? Die Rolle der Influencer
Einer der bekanntesten Akteure dieser Szene ist Aymeric MB. Auch er verdient sein Geld mit Beratungsangeboten für angehende Grenzgänger. Kritische Stimmen werfen ihm und anderen vor, falsche Hoffnungen zu wecken. Doch er selbst sieht die Verantwortung bei den Betroffenen: „Jeder ist für seine Entscheidungen selbst verantwortlich. Es wäre naiv, sein gesamtes Leben aufgrund eines einzigen Videos umzukrempeln.“
Arbeiten in der Schweiz – und doch ohne Zuhause
Doch nicht nur die Arbeitssuche stellt viele Neuankömmlinge vor Herausforderungen. Selbst wer eine Stelle findet, sieht sich oft mit einem weiteren Problem konfrontiert: fehlender Wohnraum. Die Mietpreise in der Westschweiz sind hoch, in den französischen Grenzregionen ist der Wohnungsmarkt zunehmend angespannt.
Caroline (Name geändert), eine französische Krankenschwester mit einem Zeitarbeitsvertrag, berichtet, dass es für sie unmöglich sei, eine feste Unterkunft zu finden. „Es gibt schlicht nicht genug Wohnungen, und Kurzzeitvermietungen wie Airbnb sind unbezahlbar.“ Ihr Ausweg: Ein Wohnmobil, das sie auf einem Langzeitparkplatz abstellt. Doch auch das ist nicht ohne Risiko. „Die Polizei kontrolliert regelmässig und weckt uns mitten in der Nacht. Wenn man die Tür nicht öffnet, verschaffen sie sich Zutritt.“
Andere gehen noch einen Schritt weiter – sie schlafen direkt in ihren Autos. Besonders betroffen sind Angestellte im Gesundheitssektor, die dringend gebraucht werden, sich aber keine Bleibe leisten können. Die prekäre Lage wirft grundsätzliche Fragen über die Attraktivität des Schweizer Arbeitsmarktes für Grenzgänger auf.
Ein trügerisches Versprechen
Während die Schweiz für viele Grenzgänger weiterhin eine wirtschaftliche Chance darstellt, zeigt sich, dass nicht jeder den erhofften Wohlstand findet. Die Verlockungen sozialer Medien und unlautere Geschäftspraktiken machen es Arbeitssuchenden schwer, sich ein realistisches Bild von den tatsächlichen Bedingungen zu machen. Was als Aufstiegschance beworben wird, endet für manche in einer existenziellen Krise – ohne Job, ohne Geld und ohne ein Dach über dem Kopf.