Schweizer Geschichte – kompakt erklärt: die Schlacht bei St. Jakob an der Birs

Als sich 1'500 Eidgenossen einem Heer von 20'000 Franzosen entgegenwarfen und mit ihrem heldenhaften Tod ganz Europa ins Staunen versetzten.

Im Hollywood-Actionkracher „300“ stellen sich 300 Spartaner einem gewaltigen Heer von persischen Invasoren entgegen, werden dabei komplett vernichtet und am Ende doch als Helden gefeiert. Historisch haben sich die Filmproduzenten dabei einige überaus grosszügige Freiheiten genommen. Der Mythos der unbeugsamen Spartaner hält jedoch bis heute an. Und auch die Eidgenossenschaft hatte einst ihr eigenes „300“, selbst wenn die Verfilmung in diesem Fall wohl eher „1’500“ lauten müsste. So viele Soldaten zogen nämlich gegen die hoffnungslos überlegenen Franzosen in die Schlacht bei St. Jakob an der Birs, welche sich am 26. jährt.

Die Ausgangslage

Hieronymus Hess, 1799, Basel

Wegen politischer Spannungen zwischen der Stadt Zürich und dem Stand Schwyz um Territorialansprüchen und Erbfolgen begann 1439 mit dem Gefecht am Etzel der Alte Zürichkrieg. In dessen Verlauf trat Zürich in ein Bündnis mit dem Habsburger König Friedrich III. ein, der sich unter anderem die Rückeroberung des Aargaus erhoffte, welcher 1415 von der Eidgenossenschaft erobert wurde.

Trotz wiederholten Friedensverhandlungen und Waffenruhen intensivierten sich die Kampfhandlungen und die Eidgenossen – jetzt verstärkt durch das bis anhin neutrale Appenzell – begannen am 24. Juni 1444 mit der Belagerung der Stadt Zürich. Friedrich III bat darauf den französischen König Karl VII um Hilfe, der wiederum seinen Thronerben Ludwig mit einer 40’000 Mann starken Truppe entsandte.

Das vorgegebene Ziel dieser als Armagnaken bekannten Einheit war aber nicht primär die Konfrontation mit den Eidgenossen vor Zürich, sondern die Eroberung von Basel im Namen Frankreichs. Am Fluss Birs stellten sich die Eidgenossen schliesslich gemeinsam mit Truppen aus Basel den Armagnaken entgegen.

Die Kontrahenten

Bildmontage LM

Alte Eidgenossenschaft – vertreten durch Truppen aus Bern, Luzern, Uri, Zug, Schwyz, Unterwalden und Glarus sowie Einheiten aus Basel, die vom Hauptmann Henman Sevogel angeführt wurden. Truppenstärke: ca. 1’500 Mann.

Königreich Frankreich – vertreten durch die Söldnertruppen der Armagnaken und unter dem Befehl von Dauphin Ludwig, später bekannt als König Ludwig XI.. Truppenstärke: ca. 20’000 Mann.

Die Schlacht

Staatsarchiv Basel-Stadt

Ein erstes Zusammenstossen in der Rheinebene erfolgte am frühen Morgen, als der eidgenössische Trupp die Vorhut der Armagnaken überrennen konnte. Angespornt von diesem ersten Erfolg setzten die mehrheitlich jungen Männer trotz strengem Gegenbefehl auf die andere Flussseite über und sahen sich dort auf dem Gundeldinger Feld mit 20’000 französischen Soldaten konfrontiert, die bereits zum Kampf gerüstet waren.

Zehn Stunden dauerte die unerbittliche Schlacht, in deren Verlauf die tapfer kämpfenden Eidgenossen ihren Gegnern zwar drastische Verluste beifügen konnten, dabei aber auch zunehmend selber eingekreist wurden. Schliesslich zogen sich die verbliebenen Angreifer in das Siechenhaus zurück, um sich dort zu verschanzen. Eine Kapitulation kam jedoch nicht in Frage.

Wie hartnäckig die Eidgenossen ihren Gegnern dabei trotzten, zeigt folgende Anekdote, die sich kurz nach der Einkesselung abgespielt haben soll und grosse Berühmtheit erlangte: Der von den Franzosen als Unterhändler geschickte Hauptmann Burkhard Münch VII liess sich beim Blick über das Schlachtfeld und die hohen Verluste der Eidgenossen zu folgender spöttischen Bemerkung hinreissen:

„Ich blicke in einen Rosengarten, den meine Vorfahren vor hundert Jahren gepflanzt haben.“

Ein schwer verwundeter Eidgenosse soll daraufhin einen Stein vom Boden gepackt und diesen dem Ritter mit den Worten „Friss eine deiner Rosen!“ ans Visier geworfen haben. Burkhard VII soll dabei vom Sattel gestürzt und von seinem Pferd über das Schlachtfeld gezogen worden sein. Wenige Tage später sei der erfolglose Unterhändler seinen Verletzungen erlegen.

Für die Armagnaken besiegelte dieser Affront jedoch die komplette Auslöschung ihrer Gegner. Und so wurden bis auf 16 Flüchtige sämtliche der 1’500 eidgenössischen Krieger, inklusive Hauptmann Sevogel, vernichtet. Auf der französischen Seite betrug die Opferzahl um die 4’000 Mann.

Die Folgen

Schulbild.ch

Erschüttert von der hohen Anzahl eigener Verluste beendete Dauphin Ludwig trotz dem Sieg die Belagerung Basels und stimmte einem Friedensvertrag zwischen seiner Partei sowie Basel, Solothurn und der Eidgenossenschaft zu. Diese wiederum beendeten ihre Belagerung von Zürich, nachdem eine Eroberung ausblieb. Am 12. Juni 1446 kam es nach Verhandlungen in Konstanz schliesslich zum Ende vom Alten Zürichkrieg.

Die halsbrecherische Tapferkeit der Gefallenen bei St. Jakob machte indess in ganz Europa die Runde und befeuerte den Mythos der unbeugsamen eidgenössischen Kampftruppen. Noch bis 1961 wurden die Männer auch in der alten Nationalhymne „Rufst du mein Vaterland“ in der Zeile

„Heil dir, Helvetia! Hast noch der Söhne ja,/ Wie sie Sankt Jakob sah,/ Freudvoll zum Streit“

besungen. Zudem erinnern seit 1872 das St. Jakobs-Denkmal, die St. Jakobskapelle und der Sevogelbrunnen an den längst vergangenen Kireg.

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