Nichts für schwache Nerven: die blutige Sage vom Sennentuntschi

Die Langeweile wurde den Sennen zum Verhängnis.

Seit Jahrhunderten ist das Sennentuntschi eine sagenumwobene Gestalt. Die Frauenpuppe aus Stroh ist im ganzen Alpenraum weit herum bekannt. Auch in der Schweiz treibt das Sennentuntschi sein Unwesen.

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Die Sennen des Wissenboden im Kanton Uri hatten an einem wunderschönen Alpensommer nicht allzu viel zu tun und verbrachten ihre Zeit mit Träumereien. Auch von den Mädchen Zuhause. Die Alpwirtschaft war seit jeher Männersache und das andere Geschlechts fehlte den gestandenen Männern.

Eines Tages tauchte der Meistersenn mit einer Puppe auf. Er hatte es aus Stroh gebastelt. Das Tuntschi hatte der Senn mit Augen, Nase, Mund und sogar mit Brüsten versehen. Die blonden Haare ersetzte er mit gelben Bändern.

Hoch erfreut, endlich nicht mehr alleine auf der Alp zu sein, kümmerten sie sich liebevoll um das Tuntschi. Am nächsten Tag sass es bereits mit ihnen am Tisch und sie forderten es zum Tanz auf. Selbst in der Nacht musste es nicht alleine sein. Einer nach dem anderen nahm es zu sich ins Bett und trieb mit ihm seine lüsternen Spiele.

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Doch es war den Sennen noch nicht menschlich genug. Sie wollten es taufen. Gesagt, getan! Doch plötzlich öffnete das Tuntschi zu aller Entsetzen die Augen und rannte davon.

Als die Sennen in die Hütte eintraten sass es breitbeinig zu Tisch und löffelte ihnen den Rahm weg und verschlang alle weiteren Vorräte.

Die Sennen wurden wütend und rissen es in Stücke. Sie beschlossen sich von nun an der Arbeit zu widmen, doch am nächsten Tag das Tuntschi wieder an ihrem Tisch und ass ihnen das Abendessen weg. Sie zerrten es aus der Hütte und warfen es in die Schlucht. Auch am nächsten Tag wiederholte sich dasselbe Spiel.

Den Sennen blieb nichts anderes übrig als sich an das Tuntschi zu gewöhnen. Der Sommer verging und die Sennen fragten sich: Würde sie das Tuntschi einfach gehen lassen? Oder würde es am Ende gar mit ihnen ins Dorf mitgehen wollen?

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Sie beschlossen ihre Sachen zu packen und auf Zehenspitzen ins Tal zurück zu gehen. Doch als die Senne auf dem Weg ins Tal waren, riss das Tuntschi die Türe der Hütte auf und rief in wütender Manier: “Nicht so schnell, meine Herren, ihr habt euren Spass mit mir gehabt, jetzt will ich auch etwas Spass mit euch haben! Leider kann ich nicht mit euch ins Tal gehen, einer von euch muss daher bei mir bleiben!” Das Tuntschi zeigte dabei auf den Meistersenn.

Der Meistersenn spielte den Starken und trug den anderen Männern auf schon mal ins Tal zu gehen. Er würde die Sache klären.

Die Sennen rannten erleichtert davon. Erst als sie die Baumgrenze erreicht hatten, wandten sie sich um. Das Mark gefror ihnen in den Knochen. Vor der Hütte lagen die blutigen Überreste des Meistersenns. Das Sennentuntschi hatte ihm die Haut abgezogen und nagelte sie gerade zum Trocknen auf das Dach der Alphütte.

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