Die Sage von der Blüemlisalp: So kann es gehen, wenn man Kinder verwöhnt

Es war einmal...

Vor sehr langer Zeit lebte auf der Blüemlisalp ein reicher Bauer. Auf der Alp wuchs das würzigste Gras weit und breit, die Kühe waren die fettesten in der ganzen Umgebung und gaben dreimal am Tag Milch. Doch so viel Wohlstand die günstige Lage dem Bauern auch einbrachte, er wurde seines Lebens nicht recht froh. Lange Zeit schien es nämlich, als ob er keine Nachkommen bekommen könnte. Seine Frau und er grämten sich an den langen Winterabenden, dann schlug die Trauer plötzlich in Freude um, als die Frau doch noch einen Sohn bekam.

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Der Jubel darüber war so gross, dass das Paar den Sohn, den sie Jörg nannten, viel zu sehr verwöhnten. Kein Wunsch wurde ihm abgeschlagen, keinerlei Arbeit musste er verrichten, sogar in Milch wurde er gebadet. Davon wurde Jörg gross und stark, aber auch anspruchsvoll und herrisch. Schon als Bub machte es ihm Spass, die Tiere zu quälen. Später übertrug sich diese Lust auf die Menschen. Kein Knecht und keine Magd waren vor seinen Attacken sicher.

Nachdem der Vater vor Kummer gestorben war, jagte Jörg seine Mutter aus dem Haus. Er wollte nämlich mit seiner Braut, der Kathi, ungestört sein. Als er Kathi vom Tal auf die Alp holte, liess er ihr eine Treppe bauen, die aus Eichenholz gemacht war. Die Wege liess er aus Käse pflastern. Seine Lieblingstiere, die Kuh Brändi und der Hund Ryn, wurden mit Leckereien gefüttert, während die Bediensteten nur schlechte Milch bekamen. Auf ihrer Alp lebten Jörg und Kathi in Saus und Braus, während die Mutter im Tal Hunger litt und schwer erkrankte.

Als sie es in ihrer Not nicht mehr aushielt und den beschwerlichen Weg auf die Blüemlisalp auf sich nahm, um ihren Sohn um Hilfe zu bitten, war dieser besonders grob zu ihr.

Zu trinken reichte er seiner Mutter nicht etwa frische Milch, sondern einen Eimer mit minderwertiger Schotte. Das Brot bestrich er ihr mit Mist, während er Butter in den Ofen warf, damit das Feuer besser brannte. Schweigend verliess die Mutter die Alp, beschämt und zum Sterben bereit. Vorher aber verfluchte sie ihren Sohn noch.

 

Sie hatte die Worte noch nicht beendet, da zogen bereits finstere Wolken am Himmel zusammen. Peitschende Winde stürzten herab und rüttelten an den Felsen. Hagel fiel vom Himmel. Die Berge konnten dem Sturm nicht standhalten. Sie brachen ein und begruben die Blüemlisalp unter einem Meer von Stein und Eis. Von Jörg und Kathi sahen und hörten die Menschen nie mehr.

An besonderen Tagen aber, am Karfreitag und in der Weihnachtsnacht, konnte man Brändi und Ryn beobachten, wie sie über die Eisfelder irrten. Brändis Euter waren so dick geschwollen, dass sie gleich zu platzen schienen. Einmal stieg ein Bauer zu ihr hinauf, um sie von der Milch zu befreien. Er bemerkte, dass das Euter mit Dornen bewachsen war.

Dennoch versuchte er mit blossen Händen, die Kuh zu melken, auch wenn er anfangs nur eine blutige Flüssigkeit zutage förderte. Als der Schmerz in seinen Händen zu gross wurde, rief er „Oh Gott”. Da erstarrten Kuh und Hund. Brändi riss sich los und rannte davon.

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