Dieser Film wirft einen Blick auf ein fast vergessenes Schweizer Brauchtum

"Köhlernächte" 

Die Handwerkskunst aus Holz Kohle herzustellen, ist eine der ältesten der Menschheit. Holzkohle trieb die Industrialisierung entscheidend voran, war Nahrung für Dampfmaschinen und wurde für die Herstellung von Glas und Edelmetallen verwendet. Noch bis ins 20. Jahrhundert gingen Köhler in ganz Europa ihrer Arbeit nach. In der Schweiz war der Beruf insbesondere in den Waldregionen vom Jura, Tessin und Napf verbreitet. Doch mit dem Aufkommen der Steinkohle und Elektrizität geriet die Köhlerei zunehmend in Vergessenheit und so wird sie im westeuropäischen Raum nur noch im Luzerner Entlebuch auf ihre ursprüngliche Weise betrieben.

Dokumentarfilmer Robert Müller hat sich aufgemacht, die letzten Köhler der Schweiz bei ihrer mühsamen Arbeit mit der Kamera zu begleiten. Dabei entstanden eindrucksvolle Bilder eines faszinierenden Arbeitsalltags – vom geduldigen Aufbau des Meilers bis zum Fungieren unter den Rauchschwaden, zwischen denen die Kohle abgeschöpft wird.

80 bis 90 Tonnen Kohle pro Jahr werden hier produziert. Der Vorgang dauert jeweils um die zwei Wochen. In dieser Zeit ist für die Köhler kaum an Schlaf zu denken: Alle zwei Stunden muss der vier Meter hohe Meiler kontrolliert und unter Umständen ausgebessert werden. Heikel wird es immer dann, wenn ein Gewitter im Verzug ist und die Anlage mit einer riesigen Plane geschützt werden muss.

„Köhlernächte“ ist aber längst kein Abgesang auf ein langsam verschwindendes Handwerk. Neben dem 70-jährigen Protagonisten Fränz Röösli kommen auch der 12-jährige Nachwuchsköhler Lukas und Doris Wicki, die einzige Köhlerin der Schweiz, vor. Gemeinsam stellen sie sich den Herausforderungen der Gegenwart, um diese jahrhundertealte Tradition auch für die Zukunft zu bewahren.

Regisseur Robert Müller ist mit „Köhlernächte“ eine hochinteressante Dokumentation gelungen, die Einblick in eine fremde Welt gibt, die eigentlich doch ganz Nahe liegt. Besonders beeindrucken dabei die hinreissenden Landschaftsaufnahmen von Kameramann Pio Corradi und der stimmige Soundtrack von Fritz Hauser. Ein Film, der sprichwörtlich einheizt.

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