Im Herzen des Oberwallis verbirgt sich ein Ort, der nicht für schwache Nerven ist. Stell dir vor: Du öffnest eine Tür und 24’000 Schädel starren dich aus leeren Augenhöhlen an. Ein gotischer Christus in der Mitte lässt das Blut gefrieren. Das ist kein Horrorfilm-Set, sondern das Beinhaus in Leuk-Stadt.
Warum genau stapelt man Schädel in einer Kapelle? Ganz einfach: Platzmangel und eine Lektion in Demut. Im 16. Jahrhundert, als das Lesen und Schreiben für die meisten ein Buch mit sieben Siegeln war, wollte die Kirche den Leuten eine wichtige Botschaft vermitteln: Im Tod sind wir alle gleich. Egal ob arm oder reich, am Ende zählt das nicht mehr. Aber es gab Ausnahmen: Wohlhabende Familien konnten ihre Ruhe unter der Erde bewahren.
Das Beinhaus ist nicht nur eine letzte Ruhestätte für die Verstorbenen. Es erzählt auch Geschichten von Kriegen zwischen Frankreich und dem Wallis, von Heldenmut und tragischen Verlusten. Viele der Schädel gehören zu einfachen Bauern, die im Kampf für ihre Überzeugungen fielen.
Doch das Beinhaus hat auch seine skurrilen Seiten. Bis 1860 wurden immer wieder Schädel gestohlen – ein makabrer Zeitvertreib für gelangweilte Studenten. Um dem ein Ende zu setzen, verschwand die Schädelmauer für 122 Jahre hinter Mauern, bis sie 1982 bei Renovierungsarbeiten wieder ans Licht kam.
Heute lockt das Beinhaus in Leuk neugierige Blicke aus der ganzen Welt. Aber ein kleiner Tipp: Zählt die Schädel nicht zu genau, denn manchmal verschwindet einer auf mysteriöse Weise. Dieser Ort ist ein lebendiges Geschichtsbuch, das uns eine klare Botschaft hinterlässt: Was ihr jetzt seid, waren wir einst – und was wir sind, werdet auch ihr eines Tages sein. Ein Besuch hier ist eine eindringliche Lektion in Demut und die Vergänglichkeit des Lebens. Gänsehaut garantiert!
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